[Mapserver-DE] Off Topic: Bericht zur Expertenrunde Runder Tisch GIS eV
Arnulf Christl
arnulf.christl at ccgis.de
Mit Aug 11 17:13:32 CEST 2004
Hallo,
wer es noch nicht gesehen hat, hier gibt es eine Zusammenfassung der
Expertenrunde Runder Tisch GI S eV.
http://www.rtg.bv.tum.de/index.php/article/archive/13
http://www.rtg.bv.tum.de/index.php/filemanager/download/268/Bericht%20Expertenrunde%202004.pdf/
Ich war auch auf dieser Veranstaltung und habe sie etwas anders
wahrgenommen als die Verfasser des Berichts.
Vor allem ist ein heilloses Durcheinander von Open Source, Open
Software, Open GIS und Open Schießmichtot verklappt worden und leider
war keine Zeit mehr das zu entknoten. Das hat sicherlich nicht der
klaren Definition der Begrifflichkeiten gedient, sondern eher mehr
Durcheinander gestiftet. Meiner Meinung nach hätte es der Veranstaltung
gut getan direkt den Begriff "Freie Software" zu wählen und nicht den
mehrfach überladenen Begriff "Open Source", der zunehmend auch als
Marketingargument von proprietären Herstellern requiriert wird. Aber
auch das kann ja ein Ziel sein.
Des weiteren wurde auf die hohe Rechtsunsicherheit bei Softwarelizenzen
hingewiesen - so als ob das nur auf Open Source Lizenzen zutreffen
würde. Dabei hat Herr Dr. Till Jäger (IFROSS) das Thema ausführlichst
und wie ich meine sehr verständlich beleuchtet. Eine Lizenz die viele
tausend Mal angewendet wird (z.B. GNU GPL oder BSD) hat mehr
Durchdringung erfahren und birgt deswegen weniger Unsicherheiten als die
vielen Einzellizenzen, die sich irgendwelche Rechtsabteilungen von mehr
oder weniger marktführenden Unternehmen haben einfallen lassen.
Zu den Gefahren beim Einsatz einer Softwarelizenz (auch: Stichwort
Softwarepatente) und den damit verbundenen Unsicherheit liegt die
Verantwortlichkeit klar bei den Herstellern der jeweiligen Software
(egal ob Proprietär oder Frei) und den Dienstleistern, die Endverträge
unterschreiben, jedoch nicht beim Endanwender.
Stichwort Qualität und Leistung: Es sollte deutlich geworden sein, dass
es keine jeweils dem proprietären oder Freien Lizenzmodell inhärent
innewohnende bessere oder schlechtere Qualität, Sicherheit oder
Leistungsfähigkeit gibt. Software an sich bleibt unabhängig von dem
verwendeten Lizenzmodell vergleichbar und kann gut oder schlecht sein.
In dem Bericht wird als Erklärung für den Begriff "Open Source" das von
Herrn Professor Teegte vorgestellte Software Entwicklungskonzept
genannt. Das verdeutlicht jedoch nur einen Aspekt Freier Software,
nämlich die Möglichkeit der !Einsichtnahme! in den Quellcode. Wenn es
sich um Freie Open Source Software handelt, darf der Code auch
!verändert! werden.
Neben dem offenen und freien Entwicklungsmodell, dem rechtlichen
Blickwinkel auf die Lizenzen und den darin definierten Freiheiten,
Rechten, Pflichten und Verboten können eine Vielzahl weiterer
Eigenschaften Freier Software abgeleitet werden, die in der
Expertenrunde aber rnicht weiter erläutert wurden.
Ein Aspekt des "Open Source" Entwicklungskonzepts, das auch in dem
Bericht hervorgehoben wurde sollte vielleicht noch beleuchtet werden,
und zwar die unterstellte starke Entwicklerzentriertheit (am Anwender
vorbei). Im Gegensatz zu dieser Aussage steht gerade die Nähe von
Entwickler und Anwender, bzw. deren Verquickung bei Freier Software. Das
gilt nicht nur für die Anwender, die Einblick und auch Änderungen im
Quellcode vornehmen können, sondern mehr noch für die Entwickler selbst,
die ja egal was sie tun immer auch auf Entwicklungen anderer
zurückgreifen müssen, dadurch also selbst immer auch Anwender sind. Im
GIS Bereich sind die Hersteller immer Anwender von z.B.
Betriebssystemen, Datenbanken, Projektionsbibliotheken, Editoren, etc.
die Aufzählung geht endlos weiter. Jeder Softwareentwickler nutzt immer
zum Großteil Fremdsoftware, um damit einen winzigen, kleinen Teil
Eigenleistung zu erarbeiten.
Es wurde also wieder einmal deutlich, dass noch viel mehr
Hintergrundwissen zu den Modellen Freie Software und Open Source
vermittelt werden muss. Das gilt nicht nur für die Spezies
"Endanwender", sondern auch für Entwickler und proprietäre Hersteller,
die sich in diese Entwicklung mit einbeziehen sollen und wohl auch
wollen. Zumindest gab es genügend Signale für eine Zusammenarbeit und
erwünschte Kooperationen seitens der proprietären Hersteller.
Das Schöne ist ja, dass die Entwickler - auch die der proprietären
Hersteller - bereits seit langem die Vorteile vor allem der offenen
Entwicklungsmethoden nutzen. Jetzt geht es wohl zunächst darum, dass
auch das Management das einsieht, um dann vielleicht auch selbst offene
Strukturen zu praktizieren.
Letztendlich wurde immer wieder nach "dem GIS" gefragt, dass es in der
Open Source Welt nicht geben soll (oder "nur" in Form des Ur-GIS GRASS).
Modularisierung, Komponententechnologie, Client / Server Architekturen,
zentrale Datenhaltung, dezentrale Thick Clients, etc. pp. - alles
Begriffe der modernen GIS IT belegen ja, dass das klassische,
monolithische Universal-GIS eigentlich nur noch ein Relikt ist. Das ist
letztendlich auch der Grund warum es !das! GIS als neue Open Source
Entwicklung nicht gibt - es wird nicht nachgefragt. Alle dann noch offen
gebliebenen Fragen können mit GRASS erschlagen werden.
Zitat:
"Dem Runden Tisch GIS e.V. ist es mit der Expertenrunde gelungen, das
sehr stark emotional diskutierte Thema Open Source Software und GIS
neutral und sachlich darzustellen."
Ich habe keine besonderen Emotionen wahrnehmen können (ausser bei mir
selbst vielleicht), im Gegenteil hatte ich eher das Gefühl, dass die
sonst doch recht bissigen marktführenden Hersteller sich ausgesprochen
bedeckt gehalten haben - ich fand es eher langweilig.
:-)
Würde mich interessieren, ob vielleicht jemand meine Meinungen zu dieser
Veranstaltung etwas relativieren möchte.
Gruß,
Arnulf Christl.
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